Mia ist zwölf Jahre alt, hat Arthrose in den Hüften und strahlt trotzdem über beide Ohren. Die Labrador-Seniorin balanciert gerade in Zeitlupe über einen niedrigen Steg, während ihr Frauchen sie mit ruhiger Stimme anfeuert. Kein Pfiff, keine Stoppuhr, kein Wettkampfstress – nur zwei, die gemeinsam Spaß haben. Was hier passiert, nennt sich Degility: ein Hundesport, der beweist, dass Bewegung und Freude keine Frage des Alters oder der Fitness sind.
Was ist Degility?
Agility kennen die meisten: rasanter Slalom, Tunnel, hohe Sprünge, enge Zeitvorgaben. Spektakulär anzusehen, aber eben nur für top fitte Hunde geeignet.
Degility verfolgt einen anderen Ansatz. Der Begriff setzt sich aus „Dignity“ (Würde) und „Agility“ zusammen. Im Mittelpunkt steht ein würdevolles, stressfreies Training, bei dem jeder Vierbeiner in seinem eigenen Tempo arbeiten darf.
Beim Degility-Training bewegt sich Ihr Hund durch einen Parcours mit unterschiedlichen Hindernissen – ohne Wettkampfgedanken, ohne Vergleich, ohne Hektik. Statt Schnelligkeit zählen kontrollierte Bewegungen, saubere Koordination und bewusste Körpersprache zwischen Hund und Mensch.

Degility vs. Agility: Der Unterschied auf einen Blick:
| Agility | Degility |
| Zeitdruck und Wertung | Kein Zeitlimit, keine Punkte |
| Standardisierte Hindernisse | Individuell anpassbare Stationen |
| Nur für gesunde, fitte Hunde | Offen für alle – auch Senioren und Handicap-Hunde |
| Hohe Sprünge, schnelle Richtungswechsel | Niedrige Hürden, langsame Bewegungen |
| Wettkampforientiert | Bindungsorientiert |
Für welche Hunde eignet sich Degility?
Grundsätzlich profitiert jeder Vierbeiner vom Degility-Training. Besonders sinnvoll ist diese Form des Hundesports jedoch für Tiere, die im klassischen Agility an ihre Grenzen stoßen:
- Senioren-Hunde: Mit zunehmendem Alter lassen Beweglichkeit und Ausdauer nach. Degility hält ältere Hunde geistig und körperlich fit, ohne ihre Gelenke zu überlasten. Die langsamen, kontrollierten Bewegungen fördern die Koordination und beugen Muskelschwund vor.
- Hunde mit gesundheitlichen Einschränkungen: Ob Arthrose, Herzprobleme oder Übergewicht – die Übungen lassen sich so anpassen, dass auch Hunde mit Handicap sicher teilnehmen können. Selbst blinde oder taube Vierbeiner meistern den Parcours mit entsprechender Führung. Starten Sie mit dem Training nach der Rücksprache mit einem tierärztlichen Fachpersonal oder mit Ihrem Hundetrainer/-trainerin.
- Ängstliche oder unsichere Hunde: Das Training in ruhiger Atmosphäre stärkt das Selbstvertrauen. Jedes gemeisterte Hindernis ist ein Erfolgserlebnis, das den Hund mutiger macht.
- Hyperaktive Hunde: Klingt paradox, funktioniert aber: Die bewusst langsamen Bewegungen und die Konzentration auf einzelne Aufgaben wirken beruhigend. Der Hund lernt, sich zu fokussieren, statt aufzudrehen.
- Welpen und Junghunde: Degility eignet sich hervorragend als Einstieg in den Hundesport. Die Kleinen lernen spielerisch, auf Signale zu achten, ohne überfordert zu werden. Ab 4 Monaten können Welpen mit leichten Übungen starten.
Ist Degility für sehr große oder sehr kleine Hunde geeignet?
Absolut. Die Hindernisse werden individuell angepasst – ein Chihuahua bekommt niedrigere Stangen als eine Deutsche Dogge. Gerade für schwere Rassen ist Degility gut machbar, weil es die Gelenke schont.

Degility-Übungen: So sieht ein typischer Parcours aus
Ein Degility-Parcours besteht aus verschiedenen Stationen, die Koordination, Gleichgewicht und Körperbewusstsein fördern. Anders als beim Agility werden alle Hindernisse langsam und kontrolliert absolviert.
Klassische Elemente:
- Wackelbretter und Wippen: Schulen das Gleichgewicht und stärken die Tiefenmuskulatur.
- Cavaletti-Stangen: Niedrige Stangen zum Übersteigen verbessern die Koordination.
- Tunnel und Röhren: Trainieren Mut und Vertrauen.
- Slalom: Fördert die Wendigkeit – im Gegensatz zum Agility jedoch im Schritttempo.
- Podeste und Plattformen: Der Hund lernt, gezielt auf erhöhte Flächen zu steigen.
- Hängebrücken: Wackelige Untergründe schulen Balance und Körpergefühl.
- Labyrinth: Fördert die Orientierung und das Zusammenspiel zwischen Hund und Halter.
Degility in der Hundeschule oder zu Hause beginnen?
Beides ist möglich. Für den Einstieg empfiehlt sich eine Hundeschule mit Digility-Erfahrung. Dort lernen Sie, Übungen sicher aufzubauen, Körpersprache gezielt einzusetzen und Ihren Hund richtig zu führen. Das Training in der Gruppe ermöglicht zudem Austausch und Beobachtung.
Ein Degility-Kurs kostet je nach Region meist zwischen 15 und 25 Euro pro Einzelstunde oder 80 bis 150 Euro für mehrere Einheiten.
Mit etwas Übung lässt sich das Degility-Training später auch zu Hause umsetzen. Ein Brett wird zur Wippe, Besenstiele zu Cavaletti-Stangen, ein Karton zum Tunnel.

Auch Spaziergänge bieten Degility-Elemente: langsames Übersteigen von Wurzeln, Balancieren auf Baumstämmen oder bewusstes Treppensteigen.
Belohnung mit passenden Trainingssnacks richtig einsetzen
Positive Verstärkung ist das A und O im Degility-Training. Kleine, gut platzierte Belohnungen in Form von schmackhaften Leckerlis helfen dem Hund, Erfolge zu verknüpfen und motiviert zu bleiben.
Geeignet sind, kleine weiche Trainingssnacks, die schnell gefressen sind und den Trainingsfluss nicht groß unterbrechen. Gerade bei Senioren oder Hunden mit Zahnproblemen ist eine weiche Konsistenz wichtig.
Naturbelassene, gut verträgliche Snacks ohne künstliche Zusätze haben sich bewährt – auch vegetarische Kausnacks können im Training gut funktionieren. Für sensible Hunde eignen sich hypoallergene Snacks, die auch bei Futtermittelunverträglichkeiten problemlos funktionieren.

Degility stärkt die Bindung zwischen Mensch und Hund
Die schönste Nebenwirkung des Degility-Trainings: Es bringt Sie und Ihren Hund näher zusammen. Sie lernen seine Körpersprache zu lesen, seine Grenzen zu respektieren und seine Stärken zu fördern. Ihr Hund wiederum lernt, Ihnen zu vertrauen, auf Ihre Signale zu achten und gemeinsam Herausforderungen zu meistern.
Der Sport soll Ihrem Vierbeiner und Ihnen Freude machen. Überforderung hat hier keinen Platz. Nehmen Sie daher von Beginn an Rücksicht auf die Kondition und Mobilität Ihres Hundes.
Diese gemeinsamen Erfolgserlebnisse wirken sich positiv auf beide aus – mental wie emotional.
Degility ist kein Wettkampf – sondern bewusste Quality Time
Degility braucht keine teure Ausrüstung, keinen durchtrainierten Hund und keine Vorerfahrung. Es ist ein Hundesport für Teams, die Bewegung neu denken wollen: ruhiger, achtsamer, gemeinsamer.
Alles, was Sie brauchen, sind Geduld, etwas Kreativität und die Bereitschaft, sich auf Ihren Vierbeiner einzulassen. Suchen Sie sich eine Hundeschule in Ihrer Nähe, vereinbaren Sie eine Schnupperstunde – und erleben Sie selbst, wie viel Freude und Teamgefühl dieser entspannte Hundesport bringt. Ihr Hund wird es Ihnen zeigen. Mit wachem Blick, ruhigem Fokus – und wedelnder Rute.
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